Die Familientante

Für den Vortrag dieses Gedichtes ist etwas schauspielerisches Talent gefragt, denn so wird es zu einem echten Lacher. Etwas verkleidet mit Kopftuch, einer alten Schürze kann dem Vortrag dann nichts mehr im Wege stehen.

Grüß Gott, Grüß Gott, oh wie ich rannte,
hier bin ich, Die Familientante !
Ich hört, daß Kerstin sich vermähle,
das traf in meine Tantenseele.
Ich sprach zu mir, Kind – zög¢re nicht,
reis’ hin, hier ruft Dich Deine Pflicht.

Das Bräutlein doch so jung an Jahren,
ist noch so gänzlich unerfahren
und sicher kommt die Furcht sie an
vor einem völlig fremden Mann.
Drum ließ ich alles um zu eilen,
und meinen Rat ihr zu erteilen,
weil man dem Kind doch helfen muß !
Komm, gib der Tante einen Kuß
und laß Dich in die Arme schließen,

auch den Bräutigam will ich begrüßen,
den ich zum ersten Mal hier treffe !
Der Christian ist ja nun mein Neffe.
Fürwahr mein Kind ich muß gestehn
ein schöner Mann, der läßt sich sehn.

Ach, gell, Dir ist ganz bang zu Mute
am heutigen Tag, mei Kerstin, mei Gute.
Doch hör, Du kannst ganz ruhig sein,
ich laß gewiß Dich nicht allein.
Denn wenn ich richtig konnt’ verstehn,
will er mit Dir auf Reisen gehen.
Auf Reisen ! Nein ! So junge Leute
– allein ! In unsren Zeiten heute,
das wäre doch des Leichtsinns Spitze,
vor der ich treulich Euch beschütze.

Drum faßt ich kurzerhand den Plan,
ich schließe mich Euch Beiden an.
Wie Ihr auch reisen wollt und wo –
gell Kerstinle, jetzt bist Du froh !

An alles habe ich gedacht
und gleich die Koffer mitgebracht –
Der junge Mann als Kavalier,
er trägt sie sicher gerne mir.
Und er verstaut sie auch im Wagen, nicht wahr?
Doch eines möchte ich noch sagen,
die Schachtel oben und die Tüte,
denn die enthalten meine Hüte.
Die Kleider häng’ ich gern, und Röcke
Ihr habt doch Haken zu dem Zwecke?
Der Rest hat auf dem Rücksitz Platz.
Du bist ja nicht so dick mein Schatz
und wirst genügend Platz noch finden.
Mir selbst wird’s schlecht beim Fahren hinten,
deswegen, statt daß ich mich quäle
stets vorne meinen Platz ich wähle.
Dort kann ich auch viel besser sehn,
um beim Chauffieren beizustehen.

Ach, hört nur wie mein Vogel piepst,
ist er nicht wirklich allerliebst?
Komm Hansi, laß’ Dein Stimmlein tönen !
Er wird sich bald an Euch gewöhnen.
Nur eines dürft Ihr nicht vergessen,
er braucht ganz pünktlich stets sein Essen,
wie auch Fifi gleicherweise,
er freut sich schon so auf die Reise
mit Frauchen – nur die fremden Herrn,
die mag er meistens nicht so gern.
Doch hoffe ich, bald wird sich’s wandeln,
Du mußt ihn nur mit Lieb’ behandeln.

Er schläft ja bei Dir im Hotel
und morgens so um fünf Uhr schnell
mußt Du mal mit ihm Gassi gehen.
Du wirst ihn sicher bald verstehn –
er läßt ein deutlich Jaulen hören.
Wir beide lassen uns nicht stören
und wählen unser Doppelzimmer
auf einem andren Stockwerk immer.

Am Morgen wird im Bett geblieben,
ich denk’ bis mindestens um sieben.
Im Bett woll’n wir das Frühstück nehmen,
dann kannst Du meine Haare kämmen.
So bleibt dem Christian Zeit am Morgen
für Wagen und Gepäck zu sorgen.

Weiter bin ich auch bereit
– ich nehm’ mir wirklich gern die Zeit –
in Eurer Wohnung ein paar Wochen
zu lehren Dich putzen und auch kochen.
Es eilet mir nicht im Geringsten,
ich nehm’ mir Zeit bis so nach Pfingsten !
Denn alles andre steht zurück,
hier geht’s um Euer Eheglück !

Ich gehe nun mich umzukleiden,
bleibt nur noch etwas hier Ihr Beiden.
Ein viertel Stündchen oder so
genießt das Fest noch und seid froh.

Doch dann woll’n wir nicht länger warten,
es ist nicht gut zu spät zu starten !
Der Papagei wird sonst nervös,
und auch mein Fifi wäre bös.

Also bis gleich –
am Eingang unten treff’ ich Euch.

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